Der vierte Tag des vierten Baltic-Run

Die Kühle des Sommertages hat mich von der Sonnenterasse unserer „After-Run-Herberge“ vertrieben. Auf dem Weg ins Hotelzimmer ging mir noch immer die Frage durch den Kopf, warum eigentlich Menschen so oft bemüht sind, Kleinkindern oder Hunden am Nachbartisch Blickkontakt aufzudrängeln und nach Möglichkeit ein Lächeln zu entlocken. Mir entlockte es ein Lächeln, das vergebliche Bemühen des tätowierten Kaffeetrinkers zu beobachten, der in einem der geschätzten letzten sechzig Sommer seines Lebens sicher auch in diesem Bereich schon erfolgreicher gewesen sein mag…..

Zurück im geschützten Bereich hinter dem Panoramafenster will ich den Versuch machen die Eindrücke der letzten Tage in Worte zu fassen.

 

Der vierte Tag des vierten Baltic-Run.

Die Änderungen in Ueckermünde haben sich bewährt, die lange Suche im Vorfeld hat sich also gelohnt. Der Caterer übertraf meine Erwartungen und die Zielankunft im Schulgelände betonte die Gemeinschaft der Läufer sehr stark. Wie jedes Jahr haben wir vor dem Start mehrfach die Startzeiten durchgerechnet, denn die Brückenhubzeiten müssen beachtet werden. Der Vorteil der veränderten Startzeit ist die Möglichkeit, etwas länger zu schlafen, der Nachteil allerdings – neben dem geringeren Vorsprung der ersten Startgruppe – ist die Tatsache, das sich das Rennen um 30 Minuten nach hinten und damit in die Wärme des Tages verschiebt. Ja tatsächlich, auch dieses Jahr hielt für uns noch eine „Wärmeetappe“ bereit, von Hitze will ich nicht sprechen. Nach den eher unterkühlten, also läuferfreundlichen ersten Etappen war es aber für einige Läufer eine erhebliche Umstellung. Um die „Aussteigerquote“ nicht noch weiter in die Höhe schnellen zu lassen habe ich deshalb beschlossen, unseren Streckenservice noch weiter zu verdichten, mehr war von uns nicht zu tun. Dennoch gab es zu Anfang des Tages gleich einen ersten Ausfall, Hartmut Feldmann wechselte (wieder) auf die Helferseite. Im letzten Jahr hatte er ja bereits als solcher fungiert, er fand sich problemlos wieder in der neuen Rolle zurecht. Seine Vorbereitung auf den Lauf verlief nicht ganz sorgenfrei, schön das er zumindest die ersten drei Etappen durchlaufen konnte. Ein weiterer Ausstieg war dagegen fast selbstverschuldet – Marcus interpretierte als einziger Wettkämpfer Grits Ausschilderung um und nahm einen weiten Bogen von Mönkebude durch die Ducherower Heide zurück nach Mönkebude in Kauf um auf den rechten Pfad zurückzufinden….nach 3h10min hatte er die ersten 10,5km des Tages „im Kasten“….. Ich war am ersten Posten zugegen als Hartmut ausstieg und bekam auch mit, dass Marcus vermisst wurde. Da die zweite Startgruppe schon durch war und er überfällig haben wir die Fahrräder genommen und gut 90 Minuten in der Heide gesucht. Schließlich bereitete uns die Sirene eines Rettungsfahrzeuges erhebliche Bauchschmerzen….doch schließlich tauchte er wie aus dem Nichts wieder auf.  Nach kurzer Beratung fassten wir den Beschluss, ihn im Rennen zu belassen. Unser „Schlussfahrrad“ nahm Proviant auf und sollte ihn nach Usedom begleiten. So konnten die Posten zeitgerecht abgezogen und ein weiteres Mal an anderem Ort eingesetzt werden. Am Ende ging diese Rechnung für alle auf, Marcus lief den Rest der Etappe im geforderten Tempo (schneller als 9min pro km) und durfte im Rennen verbleiben.

Diese Aufregung sorgte dafür, dass ich an diesem Tag nicht viel vom Rennen mitbekam. Eine kurze Zeit selbst auf Zwischenposten und dann das Ziel aufbauen, pünktlich für den ersten Läufer war alles bereit. Die Sieger des Tages hießen wieder Antje und Thomas. Holger Hedelt lief wiederum ein beherztes Rennen, aus der männlichen Spitzengruppe war Olaf Graf der einzige, der viel Zeit einbüßte. Heike Christ schob sich weiter nach vorn, Silke bekam ihre Magenprobleme noch immer nicht in den Griff, kämpfte sich aber im ruhigeren Tempo durch. Dies hätte vielleicht auch Thomas Herget tun sollen, er war nach der Etappe deutlich gezeichnet und hatte am Abend Probleme, seine Energiebilanz auszugleichen.

Am Abend stießen weitere Sportfreunde zu uns, darunter Bianca Angolini, die den Schlaubetalmarathon organisiert. Henry Wehder (aus Norwegen) rollte mit Familie ebenfalls an, er lief am Folgetag mit Trauerflor und erinnerte (zumindest mich) daran, dass es viele Dinge gibt die wichtiger sind als unser Lauf. Und zugleich war es eine Erinnerung daran, diese für uns schönen Tage des Laufes zu genießen. Ein Wiederspruch, der so widersprüchlich nicht ist. Sascha Pantel reiste an und ebenfalls Ullrich Tietze, der ja bereits Etappe 1 mitlief und nun die Firma wieder im Griff hatte und deshalb den letzten Tag befreit mitlaufen würde.

Bei Frau Natzke gelang es uns tatsächlich für alle genug zu essen zu finden, die Dehydrierung der Läufer übertrug sich nahtlos auf das Gaststättenpersonal, mussten doch diese fast pausenlos Nachschub auf großen Tabletts heranschaffen. Einzelne Athleten ließen am Ende des Abends vermuten, den Versuch einer getränketechnischen Superkompensation erfolgreich abgeschlossen zu haben. Die eigens für den Baltic-Run neu erbaute Turnhalle (die inzwischen auch für den Schulsport genutzt werden darf) war die dritte Bleibe im vierten Jahr dieser Veranstaltung, die wir in Usedom-Stadt nutzten. Selbst Sportlehrer neige ich phasenweise zu neidischen Reaktionen wenn ich solche schönen, neu erbauten Stätten des Sports besuchen darf.

Für mich endete der Tag mit Arbeit am PC, eigentlich so wie jeder der baltischen Tage. Was ich noch nicht wusste: die Tageslogistik des Folgetages wie sie von mir erdacht war scheiterte ein weiteres Mal am „Usedomschen verkehrstechnischen Arterienverschluss“, doch das ist ja schon der 5. Tag…..

gez. Jörg

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